Opioid-induzierte Obstipation

Eine funktionelle Obstipation kann durch verschiedene Risikofaktoren verursacht werden1:

  • Alter: > 70 Jahre
  • Geschlecht: Frauen > Männer
  • Balaststoffarme Ernährung
  • Unregelmäßige Stuhlganggewohnheiten
  • Wenig oder mangelnde körperliche Aktivität
  • Psychischer Zustand: Angst und Depression
  • Schlechte Schlafqualität

Eine Obstipation kann aber auch durch die Einnahme von Opioiden, wie etwa in einer Schmerztherapie, entstehen. Opioide aktivieren die Opioid-Rezeptoren im Darm, die ubiquitär im Gastrointestinal Trakt verteilt sind.2
Bei Patienten mit Obstipation, die eine Opioid-Therapie erhalten, sollte eine Opioid-induzierte Obstipation (Opioid-Induced Constipation, OIC) als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden.3

Schaubild zur Opioid-induzierten Obstipation mit der Verteilung der Opioid-Rezeptoren im Gastrointestinaltrakt

Zur Pathophysiologie und den Auswirkungen der OIC gehört die Beeinträchtigung der motorischen Funktion2:

  • Gehemmte Freisetzung der Neurotransmitter, die propulsive Kontraktionen stimulieren
  • Stimulierte Entspannung der Verdauungsorgane
  • Verstärkung des Schließmuskelverschlusses

Dadurch verlangsamt sich die orozökale und die Dickdarm-Transitzeit. Außerdem erhöht sich der Schließmuskeltonus, insbesondere im Analkanal.

Gleichzeitig wird die Sekretion beeinträchtigt2:

  • Reduzierte Magensekrete, besonders im Dickdarm
  • Reduktion der Chlorid-Ionen im Lumen des Magen-Darm-Trakts
  • Erhöhte Wasserabsorption durch Darmstauung

Daraus resultiert harter, trockener Stuhl, was zu starkem Pressen beim Stuhlgang und dem Gefühl einer unvollständigen Entleerung führt.

Zu den zusätzlichen Einschränkungen für die Patienten zählen:

  • Potenzial für einen stark nachteiligen Einfluss auf die Lebensqualität
  • Risiken für eine schlechte Adhärenz bei der schmerzlindernden Behandlung
  • Kann zum Abbruch der Opioid-Behandlung führen

Schwache Opioide (Stufe II) oder starke Opioide (Stufe III) können in ähnlichem Maße Obstipation verursachen4 Obstipation kann auftreten oder sich verschlimmern, wenn eine Opioid-Therapie eingeleitet, geändert oder erhöht wird.5 Die Schwere der Obstipation ist nicht dosisabhängig.6

Diagnose

1. Neue oder sich verschlechternde Symptome einer Obstipation bei Beginn, Änderung oder Erhöhung der Opioid-Therapie, die zwei oder mehr der folgenden Punkte umfassen müssen:

  • Starkes Pressen bei mehr als 25 % der Stuhlgänge
  • Klumpiger oder harter Stuhl (Bristol-Stuhlform-Skala 1–2) bei mehr als 25 % der Stuhlgänge
  • Gefühl einer unvollständigen Entleerung bei mehr als 25 % der Stuhlgänge
  • Gefühl einer anorektalen Obstruktion/Blockade bei mehr als 25 % der Stuhlgänge
  • Manuelle Manöver zur Erleichterung des Stuhlgangs bei mehr als 25 % der Stuhlgänge (z. B. Entleerung mithilfe der Finger, Stützung des Beckenbodens)
  • Weniger als drei spontane Stuhlgänge pro Woche

2. Ohne die Anwendung von Abführmitteln kommt es selten zu lockerem Stuhl.

Bristol-Stuhlform-Skala

DE-RIZM-2024-00006